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grow! Magazin

Jenseits von THC und CBD: Weniger bekannte Cannabinoide und Terpene

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Franjo Grotenhermen

Das goldene Zeitalter der Cannabispharmakologie begann vor etwas mehr als 50 Jahren, als Professor Raphael Mechoulam und seine Kollegen in Israel Cannabidiol (CBD), Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) und andere Pflanzencannabinoide isolierten und synthetisierten. Zunächst konzentrierte sich das Interesse von Wissenschaftlern auf THC.

Seit etwa 15 Jahren tritt auch CBD vermehrt in den Fokus, das ebenfalls eine Vielzahl pharmakologische Wirkungen entfaltet und zum Teil auch synergistisch mit THC wirkt. Erst langsam richtet sich das Augenmerk auch auf andere Cannabinoide und weitere pharmakologisch relevante Inhaltsstoffe der Hanfpflanze.

Cannabidiol

Das wichtigste nicht berauschende Pflanzencannabinoid sind CBD und sein saurer Vorläufer CBD-Säure. Sie kommen vor allem im Faserhanf vor. Es gibt eine Vielzahl medizinisch nutzbarer pharmakologische Wirkungen, darunter antiepileptische, krebshemmende, entzündungshemmende, angstlösende, antipsychotische und nervenschützende Wirkungen. Bisher gibt es nur wenige klinische Studien, es zeigen sich jedoch Hinweise auf einen Nutzen bei einer Vielzahl neurologischer und neurodegenerativer Erkrankungen, darunter Epilepsie, Angststörungen, Schizophrenie, Depressionen und Morbus Parkinson.

Es wirkt den psychedelischen und anderen THC-Wirkungen entgegen, darunter Angst, Steigerung der Herzfrequenz und Hungergefühl. In einer Studie mit Patienten, die sich einer Organtransplantation unterziehen mussten, führte die Einnahme von täglich 300 mg CBD zu einer Verringerung der Komplikationen.

Cannabigerol

Auch Cannabigerol (CBG) verursacht keine psychotropen Wirkungen. Es kommt normalerweise nur in sehr geringen Konzentrationen in der Hanfpflanze vor, aber es ist nun gelungen, Cannabispflanzen zu züchten, die sehr hohe CBG-Konzentrationen aufweisen. CBG weist wie CBD eine Vielzahl von Wirkmechanismen auf und beeinflusst die Aktivität einer Vielzahl von Rezeptoren.

Nach Grundlagenforschung soll CBG schmerzlindernd wirken und antidepressive Eigenschaften besitzen. Wie THC und CBD besitzt CBG krebshemmende Wirkungen. So war es in Tierexperimenten eines der wirksamsten Pflanzencannabinoide gegen Brustkrebs. Da CBG die Vermehrung bestimmter Hautzellen reduziert, könnte es bei der Schuppenflechte genutzt werden. Es besitzt antibakterielle und pilzhemmende Wirkungen.

Cannabichromen

Cannabichromen (CBC) wies bei Mäusen schmerzlindernde Wirkungen auf und verstärkte die Schmerzlinderung durch THC. CBC linderte Darmentzündungen und reduzierte Ödeme an den Pfoten von Nagetieren. Diese Wirkungen werden nicht durch Cannabinoidrezeptoren vermittelt. Neben diesen schmerzlindernden und entzündungshemmenden Eigenschaften könnte es positive Wirkungen auf die Lebensfähigkeit von Stammzellen von Nervenzellen haben, was sich günstig auf die Funktion des Gehirns bei Gesunden und Kranken auswirken könnte.

Cannabinol

Cannabinol (CBN) entsteht durch Oxidation aus THC. Es findet sich daher in Cannabisprodukten nach langer Lagerung, besonders bei höheren Temperaturen. CBN war das erste Cannabinoid, das in der Cannabispflanze identifiziert wurde, nämlich bereits im Jahr 1899.

CBN weist sedierende und antiepileptische Eigenschaften auf. Es gibt Hinweise auf entzündungshemmende und antibiotische Wirkungen, beispielsweise gegen resistente Bakterien. Wenn es lokal auf die Haut appliziert wird, hemmt es die Produktion von Hautzellen, sodass es ähnlich wie Cannabigerol bei Schuppenflechte genutzt werden könnte. Eine mögliche weitere Verwendung sind Verbrennungen oder die Förderung des Knochenwachstums. CBN kann Brustkrebs-Resistenzproteine beeinflussen.

Tetrahydrocannabivarin

Tetrahydrocannabivarin (THCV) besitzt eine ähnliche chemische Struktur wie THC. Nur die Seitenkette ist kürzer und enthält anstatt 5 Kohlenstoffatome nur 3. In einigen THCV-reichen Pflanzen können bis zu 16 Prozent THCV vorliegen. Es ist vor allem in einigen Cannabissorten aus Afrika stark vertreten. Je nach eingenommener Menge kann es den Cannabinoid-1-Rezeptor (CB1-Rezeptor) sowohl stimulieren als auch blockieren.

Wenn es den CB1-Rezeptor blockiert, reduziert es den Appetit, verringert das Gewicht und erhöht den Energieumsatz bei übergewichtigen Mäusen. THCV weist auch antikonvulsive Eigenschaften auf. Es wirkt entzündungshemmend und schmerzlindernd, woran sowohl CB1- als auch CB2-Rezeptoren beteiligt sein könnten.

Es ist bekannt, dass die Blockade von CB1-Rezeptoren den Appetit unterdrückt und die psychedelischen Wirkungen von THC hemmt. In klinischen Studien verursachten Antagonisten am CB1-Rezeptor wie beispielsweise Rimonabant, die gegen Übergewicht eingesetzt wurden, als Nebenwirkungen Depressionen und verschlechterten möglicherweise neurodegenerative Erkrankungen. Ein entsprechendes Medikament mit dem Wirkstoff Rimonabant, das in Europa zugelassen war, wurde daher aus diesen Gründen wieder recht schnell vom Markt genommen. THCV scheint solche Nebenwirkungen nicht zu verursachen.

Tetrahydrocannabinol-Säure

Tetrahydrocannabinol-Säure (THCA) ist der Vorläufer von THC in der Cannabispflanze. Im Hanf liegen die Cannabinoide überwiegend als solche Cannabinoid-Säuren vor, als THC-Säure, CBD-Säure, CBG-Säure, etc. Cannabinoid-Säuren weisen keine bekannten psychischen Wirkungen auf. Durch Erhitzung werden diese Carboxylsäuren in die entsprechenden phenolischen Formen umgewandelt, also THC, CBD, CBG, etc.

In unseren Breiten kann THCA 90 Prozent oder mehr des gesamten THC-Gehaltes in den Pflanzen ausmachen. Etwa 70 Prozent werden beim Rauchen in phenolisches THC umgewandelt.

THCA schwächt im Tierversuch Übelkeit und Erbrechen ab. Diese Wirkung scheint zum Teil durch Cannabinoidrezeptoren vermittelt zu sein, ohne dass die bekannten THC-typischen psychischen Wirkungen auftreten. THCA dringt kaum durch die Bluthirnschranke ins Gehirn ein. So wurde nachgewiesen, dass sich viele Cannabinoide im Gehirn ablagern, was aber nicht für THCA gilt.

THCA hemmt die Freisetzung eines entzündungsfördernden Botenstoffes, von Tumor-Nekrose-Faktor-Alpha. Es könnte den Abbau von Endocannabinoiden hemmen, indem es die Aktivität von Enzymen hemmt, die den Abbau von Endocannabinoiden fördern. Auf diese Weise könnte die Einnahme von THCA die Konzentration von Endocannabinoiden erhöhen.

In einem Modell für die Parkinson-Krankheit verwässerte THCA das Überleben der Nervenzellen. THCA reduzierte zudem die Lebensfähigkeit verschiedener Krebszellen.

Cannabidivarin

Cannabidivarin (CBDV) hemmte in der Grundlagenforschung in hohen Konzentrationen den Abbau von Endocannabinoiden. Die Konzentration des Endocannabinorids Anandamid könnte zudem erhöht werden, indem CBDV die Aufnahme von Anandamid in die Zellen reduziert. Einige pharmakologische Eigenschaften von CBD sind die Hemmung von Übelkeit und Erbrechen und die Hemmung von Krampfanfällen.

Cannabidiolsäure

Cannabidiolsäure (CBDA) ist ein natürlicher Vorläufer von CBD in der Hanfpflanze. CBDA könnte Übelkeit und Erbrechen vorbeugen sowie gegen Brustkrebs eingesetzt werden.

Terpene (ätherische Öle)

Menschen, die Cannabis verwenden, wissen schon seit langer Zeit, dass sich die Wirkungen von Cannabissorten in ihrer Wirkung unterscheiden, obwohl sie ein ähnliches Cannabinoid-Profil besitzen. Dies führte zu zusätzlicher Forschung zu pharmakologischen Beiträgen der mehr als 100 Terpene (ätherische Öle) in der Hanfpflanze zur Gesamtwirkung von Cannabiszubereitungen. Forschung hat gezeigt, dass diese aromatischen Substanzen zwar in einer moderaten Konzentration vorliegen, aber dennoch medizinische Wirkungen verursachen können. Dazu zählen synergistische Effekte bei der Behandlung von Schmerzen, psychiatrische Erkrankung, Krebs und vielen weiteren Bereichen.

Zu den sogenannten Monoterpenen in der Cannabispflanze, die sich relativ leicht verflüchtigen, zählen Beta-Myrcen, Beta-Limonen, Beta-Ocimen, Gamma-Terpinen, Alpha-Terpinen, Alpha-Terpineol, Alpha-Pinen, Beta-Pinen, Linalool, Camphen, Terpinolen, Alpha-Phellandren, Gamma-Cadinen, Delta-3-Caren, Fenchol und 1,8-Cineol (Eucalyptol).

Zu den sogenannten Sesquiterpenen, die erst bei höheren Temperaturen verdampfen, zählen Beta-Caryophyllen, Caryophyllen-Oxid, Humulen (Alpha-Caryophyllen), Beta-Elemen, Guaiol, Eudesmol-Isomere, Nerolidol, Gurjunen, Gamma-Cadinen und Beta-Farnesen.

Limonen

Limonen ist das zweithäufigste Terpen in der Natur und findet sich beispielsweise in Zitrusfrüchten. Es ist eine angstlösende Substanz, was auch in einer klinischen Studie untersucht wurde. So wurden depressive Patienten dem Duft von Zitrusfrüchten ausgesetzt, was zu einer Verbesserung der Werte auf einer Skala für Depressionen führte. Dies erlaubte, antidepressive Medikamente bei 9 der 12 Teilnehmer abzusetzen. Es wurde auch ein Patent eingereicht, nach dem Limonen bei saurem Aufstoßen (Reflux von Nahrungsbestandteilen aus dem Magen) wirksam ist. Es wurde eine Anzahl weiterer Wirkungen beschrieben, darunter eine Wirksamkeit gegen bestimmte Pilzinfektionen.

Myrcen

Dieses ätherische Öl hemmt Entzündungen, schützt vor den leberschädigenden Aflatoxinen (Giften von Schimmelpilzen), reduziert Schmerzen im Tierversuch, wirkt sedierend und schlaffördernd und entspannt die Muskulatur. Es ist denkbar, dass die stark sedierende Wirkung einiger Cannabissorten (Cannabis indica) beispielsweise auch durch Myrcen bewirkt wird.

Pinen

Pinen ist das am weitesten verbreitete Terpen. Es kommt in Nadelhölzern (Fichte, Tanne etc.) und vielen anderen Pflanzen vor. Es wirkt entzündungshemmend, weitet die Bronchien und weist antibiotische Eigenschaften auf.

Linalool

Linalool ist ein prominentes ätherisches Öl im Lavendel. Es besitzt angstlösende und entspannende Eigenschaften. In Tierexperimenten linderte es Schmerzen und wirkte antiepileptisch.

Beta-Caryophyllen

Es ist oft das dominierende Terpen in Cannabis, insbesondere wenn die Pflanze Hitze ausgesetzt war, weil sich Beta-Caryophyllen nicht so schnell verflüchtigt wie die Monoterpene. Beta-Caryophyllen kommt in schwarzem Pfeffer, Rosmarinöl und Hopfen vor. Es wirkt entzündungshemmend. Interessanterweise bindet dieses ätherische Öl an CB2-Rezeptoren, also Cannabinoid-Rezeptoren, die vor allem auf Zellen des Immunsystems vorkommen.

Schlussfolgerung

Die Cannabispflanze ist mehr als ein THC-Präparat. Neben Cannabidiol, das in der jüngeren Zeit vermehrt erforscht wurde, tragen auch viele weitere weniger bekannte und meistens auch nicht in großen Konzentrationen vorliegende Cannabinoide sowie Terpene zur Gesamtwirkung bei. Was Nutzer von Cannabis seit langem wissen, ist unter den meisten Ärzten noch weitgehend unbekannt. Die Forschung gibt jedoch mittlerweile einige Hinweise.

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Grotenhermen F. CBD: Ein Cannabinoid mit Potenzial. Nachtschatten-Verlag. Erscheinungsdatum: Oktober 2017. 96 Seiten.