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grow! Magazin

Wofür wird CBD genutzt: Ergebnisse einer großen Umfrage aus den USA

Authors
Franjo Grotenhermen

Von den Teilnehmern einer Online-Umfrage des Zentrums für Medizinische Cannabis-Ausbildung im kalifornischen Del Mar mit fast 2500 ausgefüllten Bögen wird CBD (Cannabidiol) vor allem zur Linderung von Schmerzen, Angst, Schlafstörungen und Depressionen eingesetzt (siehe Grafik). Mehr als ein Drittel der Befragten, die CBD aus medizinischen Gründen verwendeten, profitierten nach eigenen Angaben sehr gut von einer ausschließlichen Behandlung mit diesem Cannabinoid. 

Bei der Interpretation der Ergebnisse ist allerdings Vorsicht geboten, denn aus der Studie ergeben sich Hinweise, dass ein Teil der Wirkungen nicht auf CBD, sondern auf THC beruhen könnte. Schließlich konnten die verwendeten Produkte nicht von den Wissenschaftlern überprüft werden. Mehr als die Hälfte der Befragten gab an, zusätzlich THC-reiches Cannabis zu konsumieren, und es ist möglich, dass diese die wahrgenommenen Wirkungen nicht immer korrekt einem der beiden Cannabinoide zuordnen konnten.

Steigendes Interesse an Cannabidiol

CBD ist in aller Munde. CBD, das bekannteste nicht psychedelisch wirkende Cannabinoid der Hanfpflanze, wird zunehmend hinsichtlich seines therapeutischen Potenzials untersucht und geschätzt. Viele Menschen verwenden es zur Steigerung ihres Wohlbefindens und zur Behandlung von Krankheitssymptomen. Das Cannabinoid bietet einige Vorteile. Es verursacht meistens keine und nur selten relevante Nebenwirkungen. In den deutschsprachigen Ländern ist es legal erhältlich, und viele Anbieter ermöglichen den Kauf von CBD-Extrakten aus Faserhanf als Nahrungsergänzungsmittel. Die Wissenschaft kann mit den Erfahrungen, die Hunderttausende von Nutzern machen, kaum Schritt halten. Es ist daher naheliegend, die Nutzer hinsichtlich ihrer Erfahrungen zu befragen. Wissenschaftler können daraus Hinweise gewinnen, bei welchen Erkrankungen und Symptomen klinische Studien mit CBD erfolgversprechend und lohnend sein könnten.

THC versus CBD

In den ersten Jahrzehnten nach der Isolierung des THC im Jahr 1964 hat man sich nahezu ausschließlich für THC interessiert, sowohl hinsichtlich der möglichen Gefahren des Cannabiskonsums als auch hinsichtlich möglicher therapeutischer Einsatzgebiete. Das hat sich in den vergangenen 10-15 Jahren geändert. Die Wirkungen von THC und CBD überschneiden sich zum Teil, es ist jedoch nicht möglich THC durch CBD zu ersetzen, wie es gelegentlich behauptet wird. THC und CBD haben ihr jeweils eigenes pharmakologisches Profil und unterschiedliche Wirkmechanismen.

THC ist ein einzigartiges Molekül in der Pflanzenwelt, da es kein zweites gibt, das ein so breites therapeutisches Potenzial besitzt, von Reduzierung von Schmerzen bis Linderung von Übelkeit und Erbrechen, von Appetitsteigerung bis Reduzierung von Muskelspasmen, von entzündungshemmenden Wirkungen bis zu krebshemmenden Eigenschaften, von der Linderung von Zwangsstörungen bis zur Reduzierung des Augeninnendrucks, um nur einige mögliche Einsatzgebiete zu nennen.

Für CBD gibt es bisher deutlich weniger gesicherte Erkenntnisse. Klinische Studien und Ergebnisse von tierexperimentellen Studien deuten vor allem auf eine Möglichkeit zur Therapie von Epilepsie, Angststörungen, Depressionen, schizophrenen Psychosen, Entzündungen und bestimmten Bewegungsstörungen hin. 

Eine der größten jemals durchgeführten Umfragen zum Nutzen von CBD 

Insgesamt hatten 2409 Personen zwischen Oktober 2017 und Januar 2018 an der Online-Umfrage der kalifornischen Wissenschaftler teilgenommen, die meisten aus den USA und 9 Prozent aus weiteren 23 Ländern. Ein wesentlicher Vorteil der Online-Befragung war der große Einzugsbereich sowie die Möglichkeit, eine große Anzahl von Teilnehmern in einer vergleichweise kurzen Zeit zu rekrutieren. Ein Nachteil ist der Ausschluss von möglichen Probanden ohne Zugang zum Internet sowie die fehlende Kontrolle über die Einnahme und Qualität der Produkte. Eine frühere Untersuchung hatte ergeben, dass CBD-Produkte in USA in etwa 70 Prozent der Fälle hinsichtlich der CBD-Konzentration nicht korrekt deklariert wurden.

Zudem gaben etwa 55 Prozent der Teilnehmer an, dass sie regelmäßig Cannabis konsumieren. Dies könnte die Ursache dafür sein, dass nicht selten THC-typische Nebenwirkungen angegeben wurden, darunter trockener Mund (11 Prozent), Hungergefühl (6 Prozent), Euphorie (6 Prozent) und rote Augen (3 Prozent), die fälschlicherweise CBD zugeordnet worden waren.

 

Häufige Einsatzgebiete: Angst, Schlafstörungen und Depressionen

Die Teilnehmer nahmen CBD überwiegend, zu 62 Prozent, aus medizinischen Gründen ein. Sie hatten die Möglichkeit, dazu eine oder mehrere Erkrankungen bzw. Symptome anzugeben. Durchschnittlich gaben sie 2-3 verschiedenen Erkrankungen an, darunter auf den vorderen Plätzen Gelenkschmerzen und andere Schmerzen, Angststörungen, Schlafstörungen und Depressionen.

Insbesondere die Wirkung bei Ängsten und Depressionen ist aus der bisherigen Forschung gut nachvollziehbar. Zum Teil wird CBD aufgrund tierexperimenteller Daten als schnell wirkendes Antidepressivum beschrieben. Die häufige Anwendung bei Gelenkschmerzen und anderen Schmerzen ist überraschend, da Schmerzpatienten nach anderen Quellen eher selten von CBD allein profitieren und THC benötigen. Auch die bisherige Forschung unterstützt eher eine Verwendung bei psychiatrischen und neurologischen Problemen als bei Schmerzerkrankungen. Allerdings könnte die Schmerzlinderung durch CBD bei einigen Patienten auf der entzündungshemmenden Wirkung des Cannabinoids beruhen.

Mehr als ein Drittel verwendete CBD-Produkte nicht gegen bestimmte Erkrankungen, sondern zur Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens und zur Verbesserung der Gesundheit. Deutlich mehr Frauen als Männer nutzten CBD aus medizinischen Gründen. Gelegenheitskonsumenten von Cannabis verwendeten CBD häufiger aus medizinischen Gründen als regelmäßige Konsumenten.

Grafik

Übersetzung der Grafik

Die Wirksamkeit der alleinigen CBD-Einnahme wurde von den etwa 1500 Teilnehmern, die CBD zur Behandlung von Erkrankungen verwendeten, in fast 36 Prozent als sehr gut beschrieben. Nur 4 Prozent der Befragten schätzten die Wirksamkeit von CBD als “nicht sehr gut“ ein. Etwa 30 Prozent gaben an, dass bei ihrer Erkrankung CBD gut in Kombination mit einem anderen Medikament wirkte. Möglicherweise haben Patienten, die von CBD nicht profitieren, in einem deutlich geringeren Umfang an der Umfrage teilen als solche, die davon einen Nutzen haben.

Viele ältere Menschen nutzen CBD

Die Alters- und Geschlechtsstruktur des untersuchten Kollektivs unterscheidet sich deutlich von Cannabis-Freizeitkonsumenten. Der Anteil der Frauen und Männer war ausgeglichen (51 Prozent Frauen). Die größte Gruppe mit 24 Prozent war zwischen 55 und 64 Jahre alt, auf die Altersgruppen zwischen 35 und 44 Jahren sowie zwischen 45 und 54 Jahren entfielen jeweils 18 Prozent, während die Altersgruppe zwischen 25 und 34 nur 13 Prozent der Teilnehmer ausmachte.

Die häufigsten Arten der Einnahme waren orale Einnahme in flüssiger Form als Sprays, Tinkturen oder Tropfen. Andere Einnahmeformen umfassten die Inhalation mittels eines Vaporizators, die Einnahme von Kapseln, das Rauchen, die Verwendung in Backwaren sowie die äußerliche Anwendung. Etwa die Hälfte der Befragten nutzte zwei oder mehrere Formen der CBD-Einnahme.

Wenn die Wirkung eines CBD-Extrakts auf THC beruht

Sowohl rezeptfrei im Einzelhandel und im Internet erhältliche CBD-Extrakte als auch CBD-Extrakte, die in klinischen Studien verwendet werden, enthalten neben CBD nicht selten noch relevante THC-Konzentrationen. In einigen Studien der vergangenen Jahre wurden CBD-reiche Cannabisextrakte mit THC und CBD in einem Verhängnis von 1 zu 20 verwendet.

So reduzierte ein solcher Extrakt in einer offenen Studie aus Israel mit 57 Patienten mit verschiedenen Epilepsieformen die Schwere der Erkrankung. Die Patienten im Alter von 1 bis 20 Jahren wurden mindestens 3 Monate lang behandelt. Die durchschnittliche tägliche CBD-Dosis betrug 11,4 mg/kg Körpergewicht, was 0,55 mg THC/kg Körpergewicht entspricht. Eine solche THC-Dosis ist bei Kindern eine nicht unerhebliche Dosis. Bei einem 30 kg schweren Kind entspricht dies einer Dosis von 16,5 mg THC. Sechsundzwanzig Patienten (56 Prozent) wiesen eine Reduzierung der durchschnittlichen monatlichen Anfallsfrequenz um mindestens 50 Prozent auf. Es gab keinen statistisch signifikanten Unterschied in der Ansprechbarkeit bei verschiedenen Epilepsie-Ursachen und verwendeten Cannabissorten. 

Ob der Behandlungserfolg aber wirklich auf CBD beruht, ist bei solchen THC-Dosen fraglich. Dennoch schrieben die Autoren, dass ihre „Ergebnisse nahelegen, dass, gemäß Berichten der Eltern, die zusätzliche Gabe eines CBD-reichen Cannabisextrakts zum Behandlungsschema von Patienten mit refraktärer Epilepsie zu einer signifikanten Reduzierung der Anfallsfrequenz führen kann“.

Wie CBD Depressionen lindert

Die Wirkmechanismen von CBD sind wesentlich komplexer als die des THC, das vor allem an die bekannten Cannabinoidrezeptoren bindet. Cannabidiol bindet an eine Vielzahl von Rezeptoren, darunter so genannte Vanilloid-Rezeptoren, Glycin-Rezeptoren, Adenosin-Rezeptoren und andere. Es bindet auch an den Cannabinoid-1-Rezeptor, durch den THC die bekannten cannabistypischen psychedelischen Wirkungen verursacht. Allerdings bindet CBD an einer anderen Stelle an diesen Rezeptor und verändert ihn so, dass THC nicht mehr so gut andocken kann. Dies ist der Grund, warum CBD eine Anzahl von THC-Wirkungen hemmt, darunter häufig als unangenehm und ängstigend erlebten psychedelischen Wirkungen, die Steigerung der Herzfrequenz und die Steigerung des Appetits.

Eine mögliche Erklärung für die häufige erfolgreiche Nutzung bei Angst und Depressionen sind Wirkungen über Serotonin- und GABA-Rezeptoren. Bekannt sind in der Behandlung der Depressionen sogenannte Serotonin-Wiederaufnahmehemmer. Auch der GABA-Rezeptor wird gegenwärtig beforscht, um neue Strategien für die Behandlung von Phobien, Drogenabhängigkeit und die Posttraumatische Belastungsstörung zu entwickeln.

Die aktuelle Online, Untersuchung ist eine der ersten Studien, bei der spezifisch CBD-Benutzer im Fokus stehen, und nicht Cannabisnutzer generell. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass CBD sowohl für spezifische Erkrankungen und Symptome verwendet wird als auch zur Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens von Gesunden. Die Mehrzahl der Befragten, wurde durch Internet-Recherche, von Familienmitgliedern oder Freunden mit CBD bekannt gemacht und 74 Prozent von ihnen berichteten, CBD täglich oder mehrmals täglich zu nehmen.

Schlussfolgerung

Cannabidiol erfreut sich einer zunehmenden Beliebtheit. Es ist nicht ganz klar, ob alle auf CBD zurückgeführten Wirkungen in dieser Studie in der Tat auf CBD beruhen, es zeigt sich allerdings, dass CBD nicht selten bei Erkrankungen eingesetzt wird, die bisher kaum hinsichtlich eines möglichen therapeutischen Nutzens von CBD untersucht wurden.

Die klinische Forschung mit so genannten CBD-Extrakten trägt nicht immer zu einer größeren Klarheit über die Wirkungen von THC und CBD bei, wenn mit unpräzisen Begriffen gearbeitet wird und so genannte „CBD-Extrakte“ auch erhebliche Mengen an THC enthalten. In der öffentlichen Diskussion ist häufig nicht klar, was verschiedene Personen unter einem „Cannabis-Öl“ verstehen, weil die Spannbreite von Haschischöl über CBD-Extrakte bis Hanfsamenöl reicht. Zur Beschreibung von Cannabiswirkungen und einzelner Cannabinoide benötigen wir auch eine präzise Sprache.